Sonntag, 29. Oktober 2017

Das Herz von Jenin

Liebe Kollegiaten,
   nachdem wir uns in den vergangenen drei Tagen mit den vielen Facetten des Nahost-Konflikts auseinandergesetzt haben, möchte ich euch nun noch - wie in der letzten Doppelstunde versprochen - den Dokumentarfilm "Das Herz von Jenin" zur Verfügung stellen.
https://www.youtube.com/watch?v=7TWXirv04pc

Über den Inhalt habe ich bereits gesprochen. Jedoch möchte ich euch noch einen Brief des Dokumentarfilmers hier zeigen, der sich nach der Veröffentlichung mit dem Vorwurf Antijüdische Propaganda erzeugt zu haben konfrontiert sah:

Der folgende Brief ist einer anderen Internetseite (http://www.n-tv.de/politik/politik_kommentare/Vetter-schreibt-an-Sahm-article347816.html) entnommen, die alle Rechte hierfür hat. 


Als einen wirklich guten Film, hat Ulrich W. Sahm den neuesten Film des Dokumentarfilmers Marcus Vetter bezeichnet. Allerdings sei "Herz von Jenin" gleichzeitig ein einseitiges propagandistisches Machwerk, dazu geeignet, beim deutschen Publikum antijüdische Gefühle zu schüren, kritisiert Sahm. Marcus Vetter hat schriftlich auf die Einwände des n-tv Korrespondenten in Jerusalem reagiert:

Lieber Herr Sahm,

Vorweg. Als Dokumentarfilmer kann ich grundsätzlich nur mit dem Material arbeiten, das ich vor Ort drehe bzw. das ich als Archivmaterial bekommen kann. Da dieser Film in die Kinos kommt, haben wir uns außerdem entschieden, diesen Film ohne journalistischen Kommentar zu realisieren. Außerdem wollten wir nur mit Protagonisten drehen, die in ihrer Handlung Wesentliches zu dieser Geschichte beigetragen haben. Das sind in meinen Augen, die Empfängerfamilien, die nicht entschieden haben anonym zu bleiben, der Krankenpfleger Raymund, der Ismael gefragt hat, die Organe zu spenden, der Mufti und Zbeidy, die Ismaels Entscheidung zugestimmt haben und Ismael und seine Familie selbst.

Die Ärzte, die die Organtransplantation durchgeführt haben, aber nicht in erster Linie die Entscheidung Ismaels forciert haben, entschieden wir uns aus oben genannten Gründen nicht als Protagonisten in den Film zu nehmen. Wir haben allerdings in der Vorrecherche mit ihnen gesprochen, um die Geschichte zu verstehen. Im Übrigen sind all diese Entscheidungen mit Leon Geller und unserer Cutterin gemeinsam getroffen worden. Ich kann Ihre Einwände und Ihren Ärger verstehen, aber wir sind der Geschichte gefolgt. Ich denke auch, dass sich ein besseres Bild des Konflikts für den Zuschauer durch eine Vielzahl von Dokumentarfilmen ergibt und erst dadurch ein "ausgewogeneres" Bild entstehen kann.

Zu Olmert habe ich die Einstellung, dass er für mich keinen Einfluss auf den Verlauf der Geschichte hatte und wir so wenig wie möglich politische Statements in einem Dokumentarfilm haben möchten. Dieses Gestaltungsmittel bleibt meines Erachtens eher dem journalistischen Bericht oder der Nachrichtensendung vorbehalten.

Zu der Premiere kann ich nur sagen, dass wir keinen Einfluss darauf hatten und dass der Termin vom Festival so gelegt worden ist. Wir haben im Übrigen mit aller Kraft versucht, die Levinsons zur Premiere zu bekommen und hätten sie auch pünktlich zurückgebracht. Wir haben erst im letzten Moment erfahren, dass sie sich nach einer anfänglichen Zusage, letztendlich doch entschlossen haben, dem Film fern zu bleiben. Im Übrigen rechne ich es den Levinsons hoch an, dass sie im Film mitgemacht haben und finde auch nicht, dass es Rassisten sind. Die Levinsons haben ihr Bild von den Palästinensern, das sich auch aus Vorurteilen zusammensetzen mag. Aber bei dem Treffen mit Ismael hat sich Jacob (Levinson) vielleicht ungeschickt, aber letztendlich doch sehr nett verhalten.

Ich hoffe, ich konnte mit diesen Antworten wenigstens einige Ihrer Bedenken ausräumen. Ich kann Sie, wie gesagt, verstehen. Ich möchte abschließend sagen, dass wir alles getan haben, um die Levinsons als Menschen darzustellen - trotz der ungeschickten Aussage, die er getätigt hat, als während der Transplantation plötzlich Journalisten auftauchten und ihm das Mikro unter die Nase hielten.

Herzliche Grüße
Ihr Marcus Vetter 

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